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Pränataldiagnostik

| Fallbeispiel #18

  • Beratung
  • Bildung
  • Familienplanung
  • Selbstbestimmung

Claudi ist schwanger. Die Ärztin bietet ihr PND an, das „sei heute Standard“, hat sie gesagt. PND ist die Abkürzung für Pränataldiagnostik, betrifft also alle Maßnahmen und Untersuchungen, die vorgeburtlich Aussagen zur Gesundheit des Fötus treffen oder auch Entwicklungsstörungen vorbeugen. Es sind zum größten Teil freiwillige Untersuchungen zusätzlich zur normalen vorgeburtlichen Vorsorge, versteht sie, als sie zu Hause nochmal etwas darüber liest. Also nicht „Standard“. Claudi muss eine Entscheidung treffen.

Zwei Personen sitzen sich gegenüber und scheinen in ein gespräch vertieft zu sein. Beide halten jeweils eine Tasse in der Hand.
Foto von Cliff Booth über pexels

Claudi ist unsicher. Natürlich möchte sie, dass ihr Baby gesund ist. Aber was passiert, wenn es Auffälligkeiten gibt? Sie liest auch den Begriff „Diagnosespirale“. Das heißt, dass auf eine Anwendung immer weitere folgen und man immer mehr Unsicherheiten bekommt, dass etwas mit dem Kind nicht gut ist. Was soll sie machen? Und was wäre überhaupt die Konsequenz, wenn eine Behinderung festgestellt wird? Würde sie abtreiben? Ihr Baby ist ein Wunschkind!

Cem und Amina engagieren sich in der Behindertenrechtsbewegung. Sie informieren kritisch zu Technologien wie Pränataldiagnostik. Wie andere vor ihnen kritisieren sie den Zwang, die Technologie anzuwenden. Amina hat Trisomie 21 und tatsächlich haben sie und ihre Mutter auf der Straße schon Sprüche gehört wie „Muss das denn heutzutage noch sein?“. Damit war Amina gemeint. Die Familie macht das wütend. Cem liest gerade ein Buch. Darin steht, dass das Leben mit einer Behinderung gesellschaftlich als „leidvoll“ und als „vermeidbares Übel“ gesehen wurde. Dies führte „zur Verfeinerung technischer Selektionsinstrumente“. Damit ist neben PND auch Präimplantationsdiagnostik (PID) gemeint (Quellenangabe unten).

Als Cem und Claudi sich treffen, erzählt er ihr von dem Buch. Und von der UN-Behindertenrechtskonvention. Diese verpflichtet die Staaten dazu, „Klischees, Vorurteile und schädliche Praktiken gegenüber Menschen mit Behinderungen […] in allen Lebensbereichen zu bekämpfen“ (Art. 8 UN-BRK). Claudi versteht allmählich: Rechte hat ein Mensch erst mit der Geburt. Aber unpolitisch und individuell ist die Frage nach dem Einsatz von vorgeburtlichen Diagnosetechniken und was danach passiert auf keinen Fall.

 

Die Broschüre "Teilhabe für alle?!" kannst du online lesen oder als PDF herunterladen unter diesem Link: https://t1p.de/rbpfj
Hirschberg, M./Papadopoulos, C. (2017): Partizipation behinderter Menschen. In: Diehl, Elke: Teilhabe für alle ?! Partizipation  und Nichtdiskriminierung anhand exemplarischer Fallgruppen. Bonn: bpb, S: 107
"An den Werten der Nichtdiskriminierung und der vollen Einbeziehung in die Gesellschaft orientierten sich ab den 1970er-Jahren auch die Behindertenbewegungen in unterschiedlichen Ländern. Sie haben ein Verständnis von Behinderung in den Vordergrund gerückt, das Behinderung nicht als leidvolles Schicksal, sondern als »sozial konstruiert« betrachtet."

Die Behindertenrechtskonvention findest du - auch in leichter Sprache, Gebärdensprache und Vorlesefunktion - auf dieser Webseite vom Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung unter diesem Link: https://t1p.de/xq928

Dieses Fallbeispiel berührt folgende Rechte

Recht #1

Du hast das Recht
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